Teil 2: Zeitgenössische Quelle 1

„Feuergefährlich war das Kinderpentagon der Ackerstraße 156. Es befand sich auf dem zweiten Hof und bestand aus zwei eingemauerten Eisenklappen mit zwei Ringen und der eisernen Inschrift: »Feuergefährlich!« Wenn Heinz und Horst die Ringe fassten und die Klappen hochzogen, sahen wir: darunter war nichts. Einmal fragte ich: warum feuergefährlich? Einer sagte: in der Garage… standen mal Autos, und hier floss das Benzin aus. Es war eine Tankstelle. Sie haben sie zugemauert…

Auf Feuergefährlich spielten wir Schule. Es war ein Mädchenspiel. Jungen spielten nicht noch Schule, wenn sie draußen waren. Dorchen »trat ein«, spitzte den Mund zum Hochdeutsch hin und sagte: Heil Hitlehr, liebe Kindehr! Dann schrie die Klasse: Heil Atze, Heil Käse, Heil Tomate! Ich brüllte: Heil Moskau! Dorchen hörte auf zu lachen: Über Heil Moskau spottet man nicht, Christa, merke dir das, und außerdem brüllt man es nicht so laut, dass es die Nachbarn hören. Ich maulte: Ich bin Nazi und kann Heil Moskau brüllen, so laut ich will. Zur Strafe stellte sie mich in die Ecke.“

 

Quelle: Christa Reinig, (geb. 1926), Feuergefährlich, in: Was wir gespielt haben, Erinnerungen an die Kinderzeit,

Ingeborg Weber-Kellermann (Hg.), Frankfurt a. M. 1981