Gedenkveranstaltung zur „Reichspogromnacht 1938“

04. 11. 2021

Verneigung vor den jüdischen Opfern nationalsozialistischer Gewalt- und Terror-Herrschaft

Seit 1992 erinnern in 24 Ländern der Welt über 75.000 Stolpersteine des Künstlers Gunter Demning an die ca. 6 Millionen jüdischen Opfer der Willkür- und Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus. Sie erinnern an die ermordeten Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen und Deserteure. Die Stolpersteine sind in ihrer Form das weltweit größte dezentrale Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

 

Die Stadtverordneten der Rolandstadt Perleberg regten im Jahre 2009 an, an den Wohnhäusern der von der Judenverfolgung betroffenen Perleberger Bürger Stolpersteine zu setzen, um damit sichtbare Zeichen zu setzen und an die abscheulichen Verbrechen des NS-Regimes vor Ort, in der entlegenen Provinz zu erinnern und beständig zu mahnen: NIE WIEDER! Seither begeht die Rolandstadt Perleberg im Zusammenwirken mit anderen Akteuren, Schülern des hiesigen Gottfried-Arnold-Gymnasiums, der ev. Kirchengemeinde Perleberg und Bürgern der Stadt jährlich am 9. November eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des nationalsozialistischen Terrors vom 9. November 1938.

 

Die Gedenkveranstaltung, die in diesem Jahr zugleich auch als ein Tagungsordnungspunkt des Kulturausschusses der Stadtverordnetenversammlung stattfindet, beginnt am Dienstag, den 9. November 2021 um 18 Uhr vor dem Haus An der Mauer 7, wo 1938 der Kleinwarenhändler Adolf Lewandowski lebte. Weiter führt die Veranstaltung dann zu weiteren drei Häusern Am Hohen Ende, in der Parchimer Straße und zum Großen Markt, wo Stolpersteine vor den Wohnungen der hier 1938 lebenden jüdischen Mitbürger existieren.

 

Schüler des Gottfried-Arnold-Gymnasiums und Mitarbeiter der Stadtverwaltung werden an den vier Erinnerungsorten Texte vortragen und der ev. Pfarrer Valentin Kwaschik wird die Gedenkstunde musikalisch begleiten.

 

Die Juden in ganz Deutschland erlebten am 9. November 1938 die „Hölle auf Erden“, indem ein aufgestachelter und entmenschlichter Mob Synagogen überfiel und in Brand setzte, jüdische Geschäfte und Wohnungen plünderte und demolierte und Juden demütigte, misshandelte und in vielen Fällen deportierte. Der 9. November 1938 steht für den Beginn einer der größten Menschenverbrechen des 20. Jahrhunderts. Die Folge der Reichspogromnacht war Massendeportation und Massenvernichtung in Konzentrationslagern, das dunkelste und beschämendste Kapitel der deutschen Geschichte. Ein Perleberger Zeitzeuge schilderte 2009 seine Eindrücke in einem Satz: „Die Juden wurden abgeholt und waren am nächsten Tag einfach verschwunden“.

 

Durch das Stolperstein-Projekt sind nun wertvolle stille Erinnerungsorte an diese Opfer entstanden, die somit auch an die Stätten ihres Lebens zurückgebracht wurden und nach Gunter Demnigs Ansinnen nun endlich, „nachdem sie in den KZs zu einer Nummer degradiert wurden, ihre Namen zurück“ erhalten haben, den Lebenden zur ständigen Mahnung.

 

Bild zur Meldung: Abbildung: Stolperstein mit Blumen und Kerze in Gedenken an Adolf Lewandowski, An der Mauer 7

Fotoserien


Aktion "Putzen der Stolpersteine" (09. 11. 2019)

Eine gemeinsame Aktion der Stadt Perleberg, des Gottfried-Arnold-Gymnasiums, des Bundes der Antifaschisten, der Evangelischen Kirchengemeinde St. Jacobi und allen Bürgern, die keinen Hass wollen und denen die Achtung vor den Mitmenschen, den Religionen und dem friedlichen Zusammenleben zum Demokratieverständnis gehören.

 

Herausgeber: Prignitz Online TV, veröffentlicht am 06.12.2019


Hintergrundinformationen

In ganz Deutschland brannten am 9.11.1938 Synagogen. Zeitgleich wurden jüdische Bürger in ihren Wohnungen überfallen, gedemütigt, misshandelt und beraubt. Die Geschäfte und Warenhäuser jüdischer Inhaber wurden zerstört und geplündert. In den Tagen danach wurden Juden und Jüdinnen abgeholt und in KZs verschleppt.

 

Auch in Perleberg fand am 9.11.1938 um 14 Uhr eine Kundgebung statt, während der der NSDAP-Ortsgruppenleiter mit einer Hetzrede dazu aufrief, Perleberg zu einer „judenfreien Stadt“ zu machen. Anschließend wurden Malwine Sternberg, Margarete Franke, die Familien von Adolf Lewandowski und Marcus Lang in ihren Wohnungen von SA und Mitläufern überfallen und misshandelt. Die Wohnungseinrichtungen wurden von Schlägertrupps zerstört. Fast alle jüdischen Opfer dieses Pogroms und der folgenden Vernichtungswellen verloren wenig später auf Deportationen und in KZs ihr Leben.

 

Seit 2009 erinnern Stolpersteine in Perleberg an die jüdischen Opfer dieses von den Nationalsozialisten initiierten Überfalls auf Bürger jüdischer Religion.